Meine Frage: Steht das wirklich so im Focus? Glaub´ ich nicht. Oder, wenn doch - dann kann´s doch nur ein Aprilscherz sein, dem sie aufgesessen sind. Anders wohl kaum denkbar, oder?
Als Aprilscherz wärs ja sogar halbwegs witzig. Nicht witzig finden kann ich aber die Unverfrorenheit, mit der diese geistigen Wichtelzwerge voraussetzen, ihre Leser hätten das gleiche kümmerliche Geistesniveau wie sie selber. Wer mir ernsthaft permanent solchen Schwachsinn zum lesen vorsetzt, muss mich ja offenkundig für einen Schwachkopf halten.
Ich glaube nicht, dass man die Leser für Schwachköpfe hält, vielmehr dass die Journaille ein Verblödungsprogramm fährt, in der Einsicht, dass man sonst die Herrschaft über die Köpfe verlieren wird. Focus-Erfinder Helmut Markwort hat ja mit seiner "Fakten-Fakten-Fakten-Forderung" schon deutlich gemacht, worum es ihm ging, nämlich aus Lesern blöde Faktenhuber zu machen, die vor lauter Müll im Kopf nicht mehr geradeaus denken können. Wir dürfen uns nicht darüber hinweg täuschen, dass es bei Millionen offenbar funktioniert hat.
Ich sträube mich weiterhin dagegen, das mediale Verblödungsprogramm für eine Verschwörung halten zu wollen. Profit wird mit Klickzahlen generiert, und die profitabelste – weil weitgehend kostenfreie – Herstellung von anzuklickendem Content funktioniert eben, indem man unbezahlte unqualifizierte Praktikanten-Würstchen x-beliebiges kindisches Nonsensgeschwafel daherfabulieren lässt und dieses unredigiert hinter Klickschwellen positioniert. Das Leserpublikum/Klickvieh mit dem am billigsten – d.h. ohne kostspieligen journalistischen Aufwand – zu produzierenden Köder auf den Leim zu locken, ist durchschaubare Gewinnoptimierungs-Strategie (eben Clickbaiting). Ich kann aber darin, wie gesagt, keinen Hinweis auf Verschwörung mit dem Ziele einer beabsichtigten Leserverblödung entdecken. Allerdings kritisiere ich die Rotzfrechheit, mit welcher diese pubertären Schreiberling-Pimpfe ein erwachsenes Leser-Klickvieh mit ihren Killerkuli-Kaspereien für blöd verkaufen.
Das Wort "Verschwörung" habe ich im Kommentar nicht genannt. Darüber bin ich mit Ihnen eins: Es gibt gewiss keine heimliche Verabredung. Das Verblödungsprogramm organisiert sich selbst, ist quasi die logische Folge gesellschaftlicher Entwicklungen. Der einzelne "pubertäre Schreiberling-Pimpf" versucht nur, seinen Job möglichst gut zu machen. Wie sich seine krampfhaften Kaspereien gesamtgesellschaftlich auswirken, das übersteigt naturgemäß seinen Horizont. Kürzlich hatte ich ein kleines Hin und Her mit der deutschen Welle, weil ich sachliche Fehler und unbewiesene Behauptungen in einem Artikel über Handschrift auf der Homepage der DW kritisiert hatte. Die für den Dialog mit Lesern verantwortliche Mitarbeiterin schrieb mir entschuldigend, der Autor sei ein junger Mann, der sich nur an die aktuelle Mainstreamdiskussion angehängt habe. Ich weiß, wie sowas geht: Der potentielle Autor lässt sich aus der Dokumentation alle Artikel zum Thema kommen, die in letzter Zeit veröffentlicht wurden. Auf dieser Grundlage schreibt er dann den xten Artikel. Berücksichtigt man die geringe handwerkliche Qualität und das von Ihnen oft aufgezeigte Unwissen der Journalisten, schreiben hier in der Sache Unkundige von Unkundigen ab. Es wäre nicht schlimm, wenn der doppelt und dreifach wiedergekäute Unsinn nicht die öffentliche Diskussion bestimmen würde.
Fraglich, wie lang dieses Programm als Geschäftsmodell zukünftig funktionieren soll. Allenthalben herrscht in der Pressebranche Krisenjammer über den Leserschwund, und um dem entgegenzuwirken fällt denen kein besseres Rezept ein, als die Restleser von unterbelichteten Schreibschnöseln mittels billiger Schülerzeitungs-Juxtexte à la »Heimliche Killer« verärgern zu lassen? Was kalkulieren die denn, über welchen Zeitraum sich das Leserinteresse mit derlei Faxen noch aufrechterhalten lässt?
Sie kalkulieren lediglich mit der Restlaufzeit für intelligente Leser. Da diese sich aber auf biologischem Weg in absehbarer Zeit erledigt, muss man auch keine "Investition in die Zukunft" starten, da man sich mittels Schreibschnöseln die unterbelichteten Konsumenten der Zukunft ja bereits heranzüchtet.
. Und Spiegel Online hat's auch gebracht: Gefahren am Arbeitsplatz - "Kugelschreiber sind Todesmaschinen". Das Böse ist immer und überall...