Die »alternativen Fakten« für Österreichs Medien

»Was ist eine Zeitung? In erster Linie die Popularisierung des Arschwisches.«
(Jules Goncourt)
Österreichs auflagenzweitstärkste Verschenkzeitung präsentiert:
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Die darunter präsentierte Balkengrafik stellt die verbreitete Auflage laut ÖAK (Österreichische Auf­la­gen­kon­t­rolle) der beiden auflagenstärksten österreichischen Verschenkzeitungen sowie der auf­la­gen­stärk­sten überregionalen Kauf-Ta­ges­zei­tun­gen dar:

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Freilich lässt sich aus der Höhe der Auflagenzahl keinerlei Schluss über Leserzahl oder Reich­weite eines Printmediums ziehen. Dem Herausgeber steht es frei, die Druckauflage seiner Ver­schenkzei­tung je­der­zeit nach Belieben zu erhöhen. Tatsächliche Leserzahl und Reichweite werden hingegen durch die Media-Analyse (MA) erhoben, und deren Resultate stellt die al­ter­na­tive Bal­ken­grafik in der zwei Tage früher erschienenen auflagenstärkeren Konkurrenz-Ver­schenk­zei­tung dar:

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Auflagen- wie Leserzahl der auflagenzweitstärksten Verschenkzeitung sind also nahezu gleich hoch – das ergibt: österreichweit gerade mal EINEN Leser pro aufgelegtem Exemplar. (Für das nur unwesentlich auflagenstärkere Kon­kurrenzblatt indessen mehr als eineinhalb Leser.)
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Als »alternativ« erweisen sich die Fakten über Auflagenhöhe und Leserzahlen insbesondere in Wien, wo bei­de Ver­schenk­zeitungen angeblich, wie kolportiert, »bereits Kopf an Kopf sind«:

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Wenn man die laut ÖAK und MA ermittelten Fakten für wahr halten darf, ist die ver­brei­te­te Auf­la­ge von Öster­reichs auf­lagenzweitstärkster Ver­schenk­zei­tung in Wien also um ein ganzes Drittel höher als die Ge­samt­leserzahl – das ergibt: pro auf­gelegtem Exemplar le­dig­lich einen DREIVIERTEL Leser. Ein Viertel der gesamten Verschenkzeitungs-Auf­lage will demnach kei­ner geschenkt kriegen, das landet ungelesen als Papiermüll in der Tonne, oder fliegt als vom Wind »ver­brei­te­te Auf­lage« in der Gegend herum.
Das x-beliebige Erhöhen der Druckauflage durch den Herausgeber führt mitnichten zu hö­he­ren Leserzahlen, sondern stattdessen zu immer höheren Bergen an ungelesenem Pa­pier­müll: zur nutzlosen tonnenweisen Produktion buntbedruckten »Arschwisches« (Goncourt).
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(Welchen Nutzen die dreiste Prahlerei über irrelevante »Kopf an Kopf«-Auflagensteigerungen überhaupt bezwecken soll, weiß wohl nur der Herausgeber allein. So blöd ist die umworbene Anzeigenkund­schaft freilich kaum, um nicht zwischen der Werberelevanz von kolpor­tier­ter Auf­lagenhöhe und faktischer Leserzahl/Reichweite zu unterscheiden zu wissen.)
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Update: Wenn man Österreichs auflagenzweitstärkster Verschenkzeitung glauben will, dann hat sie ihre auflagenstärkere Verschenk-Konkurrenz mittlerweile angeblich »überholt«:
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Die Fakten stellen sich indes im Konkurrenzblatt Nummer 1 wiederum al­ter­na­tiv dar:
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An der (im Gegensatz zur willkürlich manipulierbaren verbreiteten Auflage) tatsächlichen Le­ser­zahl von 0,75 = lediglich ein dreiviertel Leser pro aufgelegtem Exem­plar hat sich so­mit für die nunmehrige, laut eigener Behauptung, Wiener Verschenkzeitung Num­mer 1 über­haupt nix geändert.
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Bemerkenswerterweise präsentiert auch die Verschenkkonkurrenz Nummer 1 drei Tage später wiederum alternative, von den zuvor selber (in der Balkengrafik oben) kolportierten Auf­lage- und Leser­zah­len abweichende Fakten:
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C. censeo: Man muss nicht alles glauben, was in der Zeitung steht.
offshore (Gast) - Mi, 00:11

Könnte ich davon ausgehen, dass es tatsächlich nur die ungelesenen Exemplare dieser … äh „Zeitungen“ sind, die unsere Städte zumüllen, würde ich den Müll ja beinahe begrüßen, hieße es ja nichts anderes, als dass jedes dieser mir um die Ohren fliegenden Ärgernisse von irgendjemand nicht gelesen worden ist, mit der sichtbaren Umweltverschmutzung also eine dementsprechend geringere Hirn- bzw. Seelenverschmutzung der Bevölkerung einherginge.
Aber ich fürchte, davon kann ich nicht ausgehen.

nömix - Mi, 09:54

Zweifellos wäre es dem Stadtbild zuträglicher, ließe der Herausgeber seine Überschuss­pro­duktion gar nicht erst »verbreiten«, sondern gleich druckfrisch aus der Druckerei*) direttissimo in den Altpapier-Container expedieren. Würde ne­ben­bei auch unnötige Ver­triebs­kos­ten ein­sparen.
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*) (in der Tullner Gu­ten­bergstraße: Meis­ter Gutenberg möchte sich wohl im Grabe um­drehen, hätte er von den dort pro­du­zier­ten scheußlichen Druckwerk-Her­vor­brin­gun­gen Kennt­nis ..)
Thorsten#87 (Gast) - Mi, 13:09

Was bedeutet eigentlich der schwarze Fleck über "Österreichs Medien" - ist das ein Vogelschiss? Oder ein Einschussloch?

pathologe - Do, 10:27

Das ist der Platzhalter für den Deppenapostroph.
iGing - Mo, 08:46

Der Handel mit "wahren Fakten" hat in Österreich wohl schon vor 100 Jahren angefangen:
https://science.orf.at/stories/2905455/

nömix - Di, 14:48

Im krassen Widerspruch zu den mit Fakten erhobenen Auflagezahlen der ÖAK steht die heute veröffentlichte Media-Analyse, die vor allem den Gratis-Tageszeitungen – in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Auflage-Entwicklungen – Leser-Rückgänge bescheinigt. Der erwiesenen Auflagen-Steigerung um 7% österreichweit und um mehr als 10% in Wien, steht in der "Media-Analyse" ein Leser-Rückgang um mehr als 10% gegenüber.
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Wieso eine Gratis-Tageszeitung durch Auflagen-Steigerung trotz gleichzeitigem Leser-Rück­gang »der große Gewinner« sein will, weiß wohl nur ÖSTERREICH allein.

Lo - Di, 15:31

Vielleicht unterscheidet man ja tatsächlich zwischen "Lesern", "Bilderanguckern" und "Fischeinwicklern".

Der Amtsweg ist das Ziel.

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Stimmenkartei (Gast) - Sa, 15:04
bingo! ;-)
schneck08 - Sa, 16:14
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Lieber Nömix, bis...
Lo - Mi, 11:53

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