Nömix, als ich noch die Redaktion einer Krankenkassenzeitschrift innehatte, war ich auf Reportage vor Ort in einer Oldenburger Notaufnahme - und zwar in der Walpurgisnacht. Um 17.00 Uhr torkelte ein Mann mit vier Promille im Blut auf eigenen Wunsch wieder ins Freie (man darf ja niemanden gegen seinen Willen dort festhalten), drei Stunden später wurde er mit 6,8 Promille im apathischsten Gaga-Zustand wieder eingeliefert. Da lag er dann auf dieser Gummmimatratze mit der Abflussrinne ...
Als begleitende Lektüre ist Jerofejews 'Die Reise nach Peltuschki' sehr zu empfehlen ...
Gewiss war die Frau hochgradig alkoholisiert, worauf bereits ihr Gebaren und im weiteren eine Atemluftprobe mit einem sog. Alkoholvortestgerät den Verdacht nahelegten. Aber eben mitnichten in jenem aberwitzig hohen Promillegrad, wie der oben monierte Zeitungsartikel weismachen will (der im übrigen nicht zu blödsinnig war, um von der überregionalen Abschreib-Journaille unverzüglich weiterkolportiert zu werden). Messungen der Alkoholkonzentration in mg/l Atemluft an einem Alkomaten (nicht “Alkometer“, wie in dem Artikel genannt, das sind vielmehr irgendwelche Jux-Apps fürs Smartphone) können bekanntlich etwa nach dem Verzehr von Likörpralinen oder Gurgeln mit alkoholhaltigen Arzneien kurzfristig exorbitante Abweichungen vom tatsächlichen Alkoholisierungsgrad (= Promille/l Blutalkoholgehalt) ergeben, welcher sich zuverlässig nur durch einen Blutabnahmetest ermitteln lässt. Mit Sicherheit sagen lässt sich, dass bestimmt niemand “mit 6,44 Promille Alkohol im Körper“ durch den Erfurter Bahnhofstunnel getorkelt ist.
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