Infames

Angesichts der Infamie, mit welcher man sich in diversen deutschen Medien bemüht, die neu­gewählte griechische Regierung zu diskreditieren & diffamieren, möchte einem als Leser mit­unter das Speiben kommen. In einem Artikel auf stern.de steht über das geplante Kon­junk­turprogramm in Griechenland etwa zu lesen:
    – Der Mindestlohn solle wieder auf das Vorkrisenniveau von 751 Euro im Monat angehoben werden.
    – Die Mindestrente von 300 Euro im Monat an unversicherte Rentner solle wieder ausgezahlt werden.
    – Im Gesundheitssystem sollen die Bürger weniger ausgeben müssen. Die Praxis- und die Rezeptgebühr solle gestrichen werden.
    – Tsipras versuche zu sparen: er streiche große Limousinen und Chauffeur für Politiker – künftig kämen auch Minister mit ihren eigenen Autos zur Arbeit.
    – Das Kabinett wurde deutlich abgespeckt und Posten eingespart. Tsipras wolle den aufgeblähten Verwaltungsapparat eindampfen.
    – Eine Wirtschaftsreform solle weitere drei Milliarden Euro einbringen – und gleichzeitig Arbeitsplätze erhalten.
    – Mit diesen Reformen wolle Griechenland die eigene Wirtschaft anschie­ben und zeitgleich an einem ausgeglichenen Haushalt arbeiten.
Soweit die kolportierten Fakten im Artikeltext. Aber: mit welchem Aufmacher auf der Start­seite sowie als Titelüberschrift wird ebenjener zitierte Text angerissen? Man lese:

Ob journaillistische Perfidie oder schlichte Hirnverbranntheit solche Schlag­zeilen ge­ne­rieren, spielt keine Rolle. Gleichermaßen fassungslos macht beides.
steppenhund - So, 22:26

Ja, mehr als infam kann man dazu nicht sagen. Eine Steigerung findet sich aber noch bei der maingestreamten Presse, wenn über Russland berichtet wird.

Onkel Ernstl - Mo, 09:53

Die Schlagzeilen sind verleumderisch! Die 300 Euro Mindestrente werden ja nicht von Griechenland, sondern von den Rentnern mit vollen Händen verprasst. Und die gestrichene Rezeptgebühr verpulvert nicht Alexis Tsipras, sondern die Bürger - bestimmt verpulvern sie die eingesparte Rezeptgebühr in ausschweifenden Gelagen.

Gerry Weizer (Gast) - Mo, 18:28

"Pleitegriechen-Mindestrentner verpulvern deutsche Nettozahler-Milliarden für exzessive Ouzo-Besäufnisse und gebührenfreie Luxus-Rezepte!"
Gastleser (Gast) - Fr, 14:40

nömix - Fr, 17:12

Das bedeutendste deutsche Volksbildungsorgan fragt:
(Bild)

– und listet im Artikeltext auf, welche Luxus-Summen die Hallodris dort unten zum verprassen nachgeschmissen kriegen, ohne was dafür malochen zu müssen:
    Mindestrente in Euro:  Griechenland:  445
    ............................................Deutschland:  ca. 600    (Bild)
pathologe - Mo, 10:04

Die Nur-Überschriften-Leser werden in ihren vorgefertigten Urteilen bestätigt, die interessierten Leser schütteln danach nur ihre Köpfe.

Ziel erreicht.

Kopfschüttler (Gast) - Mi, 15:44

Schmierenjournaillismus auf tiefstem Niveau. Die Journaillistin dieser Schmierenüberschrift (am Ende d. verlinkten Artikel namentlich gekennzeichnet) sollte sich in Grund und Boden schämen. Falls Schamgefühl unter ihren schmierenjournaillistischen "Tugenden" kein Fremdwort ist (?) Stimmungshetzte durch Tatsachenverdrehung - wie tief will die dt. Journaille noch sinken---???

offshore (Gast) - Do, 15:21

Mit Perfidie oder gar mit Hirnverbranntheit der Journalisten hat das meiner Meinung nach nicht viel zu tun, sondern vor allem mit Geldverdienenwollen.
Das Problem ist: Das Internet funktioniert so, wie man es früher in diesen komischen 30er Jahre-Filmen sah, wo ein Junge eine Zeitung hochhält und die Titel-Zeile schreit. Und je dramatischer die ist, desto eher bleiben die Leute stehen und kaufen eine Ausgabe. Das ist alles Boulevard, es wird über reißerische Überschriften verkauft. Es geht darum, wo man bei Google News rankt, worauf die Leute klicken.
Wenn du um die Aufmerksamkeit des Lesers in Konkurrenz mit zig anderen stehst, musst du schreien und schrill sein. Das ist nicht unbedingt ein Fehler nur der Medien, sondern auch der Gesellschaft.
Das ist ein extrem schwieriges Thema, Journalismus heute. Wie sich das gegenfinanziert, wie man um Leser ringt, da gibt's keine Instanz, die das irgendwie überwacht oder gar reguliert, das ist ein knallharter Kampf um Klicks und um die Leser. Die Leser honorieren Lautstärke halt stärker als Qualität.
Qualität ist schwierig, Lautstärke ist leicht.
Die Aufmerksamkeitsspanne ist winzig, Google-Plätze klein. Dieses Online-Ding läuft deutlich anders als der normale Journalismus früher, an den man so gewohnt ist/war.

nömix - Do, 18:02

Trotz oder auch gerade wegen deiner Argumentation betrachte ich es als Perfidie, durch stimmungsaufwiegelnde Verunglimpfung publizistischen, kommerziellen, politischen oder sonstigen Nutzen schlagen zu wollen – welche Motivation auch immer dahinterstecken möge. Auf einen der am Boden liegt noch hinzutreten, ist und bleibt tückisch und perfide.
offshore (Gast) - Do, 19:11

Du hast natürlich recht, nömix, perfide ist es so oder so, und natürlich finde ich diesen Krawalljournalismus genauso zum Speiben wie du. Allerdings ginge ich nicht so weit, den Schreiberlingen Hirnverbranntheit (respektive Dummheit) zu unterstellen, weil sie ja nichts anderes tun, als quasi systemkonform den ungeschriebenen Gesetzen unserer wunderbaren Medienlandschaft zu gehorchen. Das ist perfide, ja, auch menschenverachtend, aber mitnichten dumm im Sinne von unüberlegt.
gnaddrig (Gast) - Do, 23:24

@ offshore: Dem schließe ich mich an. Dumm sind die nicht, die wissen genau, was sie tun. Immerhin heißt es über das amtliche Organ der Niedertracht, Sie wissen schon, das Brüllblatt mit den großen Schlagzeilen und kurzen Texten, dass dort die besten Journalisten arbeiten. Die nehmen nicht jeden, und alles, was die so an Hinterfotzigkeit raushauen, ist kalkuliert und beabsichtigt. Das gehört zum Geschäftsmodell, bin ich sicher.

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