Lepidopterologisches

Kollege Trithemius schreibt hier über den sogenannten Schmetterlingseffekt*), und wie dieser zuweilen den Lauf der Welt verändern kann.

Die von dem amerikanischen Mathematiker & Meteorologen E. N. Lorenz angestellte Über­le­gung »Kann der Flü­gel­schlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas aus­lö­sen?«, dass also ein per se unbedeutendes Initialereignis am Ende zu unabsehbaren glo­ba­len Aus­wir­kun­gen führen könne, bezog sich ursprünglich auf meteorologische Phänomene – der Schmet­ter­lings­effekt indessen wirkte sich seit jeher maßgeblich auf den Lauf der Welt­ge­schich­te aus, noch be­vor er unter diesem Namen zum Begriff wurde.

Wäre z.B. ein Apfel in einem Garten in Woolsthorpe-by-Colsterworth nicht zu einer be­stimm­ten Stunde vom Baum gefallen, so wären womöglich weder Katzenklappe noch Schwer­kraft je­mals er­fun­den worden.
Oder wäre Mutter Kolumbus zu bestimmter Stunde unpässlich gewesen und hätte Vater Ko­lum­bus ab­ge­wiesen, als diesem nach Zeugung eines Stammhalters der Sinn stand, so hätte wo­möglich bis heute noch keiner Amerika entdeckt.

Das Attentat von Sarajevo auf den österreichischen Thronfolger, was als un­mit­tel­ba­rer Aus­lö­ser für den Ersten Weltkrieg gilt: wäre sein Fahrer dort nicht ver­sehent­lich falsch ab­ge­bogen und hätte darum nicht zufällig grad vor einem Straßencafé an­halten müssen, vor dem zu­fällig grad ebenjener Attentäter einen Kaffee trank, welcher sei­nen ur­sprüng­li­chen Attentatsplan in­zwischen verworfen hatte – dann hätte sich diesem nicht un­ver­hofft die Ge­le­gen­heit geboten, seine Tat doch noch zu verüben.
(Das »wrong turn«-Motiv findet auch oft als auslösendes Moment in Filmsujets Verwendung.)

Oder die unselige Historie jenes heruntergekommenen Postkartenmalers, der so gern aka­de­mi­scher Kunstmaler geworden wäre: hätte etwa das Professorenkollegium am ent­schei­den­den Tag nicht schlecht zu Mittag gegessen und wäre nicht darob ungnädig gestimmt ge­we­sen, so hätten sie den womöglich nicht bei der Aufnahmsprüfung durchrasseln, son­dern studieren und Maler werden lassen – um wievieles anders wäre die Welt­ge­schich­te ver­laufen. Allein ein Schmetterlingseffekt löste deren unheilvolle Wen­dung aus: dass einer nach vergeigter Prüfung Politiker wurde statt Kunstmaler, den heute keiner mehr kennen würde, hätte nicht dereinst ein Koch an einer Wiener Mensa einen schlechten Tag gehabt.

(Hätte es etwa zum ausschlaggebenden Impuls werden können, die weiteren Weltenläufte in eine andere Richtung zu lenken, wäre Einfaltsgimpel Bush damals an der Brezel erstickt?)
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*) nicht zu verwechseln mit dem Schneeballeffekt, welcher eine lineare oder exponentiell sich selbst verstärkende, somit tendenziell vorhersehbare Entwicklungsdynamik eines Systems be­schreibt. Der Schmetterlingseffekt hingegen bewirkt eine unsystema­ti­sche »chaotische«, ergo nicht pro­gnos­ti­zierbare Verlaufsrichtung der Folgeereignisse.
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(Was die Schmetterlinge im Bauch betrifft, welche Kollege Trithemius ebenfalls erwähnt, fällt uns dazu natürlich unvermeidlich Twitterliesl Petzners legendärer Tweet sowie Kollegen Ster- & Grisse­manns unvergessliche Replik darauf ein: »Wer hat ihm denn zuvor die Raupe in den Hintern gesteckt?«)
Rosenherz (Gast) - Fr, 11:27

Was wäre gewesen, wenn Hitler im Volksschulalter an einer Kinderkrankheit gestorben wäre?
Was wäre gewesen, wenn Frau Merkel im Ghana geboren wäre?
Was wäre gewesen, wenn der Jörgl an der Mongolei als Sohn eines Yak-Hüters durch durchs Gebirge geritten wäre?

nömix - So, 13:53

Womöglich wäre die Sonne in Kärnten bis heute noch nicht vom Himmel gefallen ..
Falkin - Fr, 12:48

Ich überlege gerade, lieber Herr Nömix,

ob es ohne Schmettleringseffekt tatsächlich gravierend anders verliefe. Schließlich waren es die Wikinger lange vor Columbus, die Amerika entdeckten. Und ob die ganzen ausgewanderten Banditen davon abzuhalten gewesen wären, Weltmacht zu erlangen, wage ich in meiner tumben Naivität ebenfalls zu bezweifeln. Und w-irre Staatschefinnen scheint der Schicksalsärmel zuhauf zu besitzen, um sie nötigenfalls unter das Volk zu schleudern. Und für die Macht, die diverse Psychoten vom zujubelnden, sie wählenden Volk erheischen, können selbst die kriminellen Kunstmaler nichts. Und am allerwenigsten die Schmetterlinge. Diese schönen, zauberhaften Tierchen.

Obwohl es zugegeben ganz unangenehme Schmetterlingsunarten gibt:

Karlithoptera Wendliopterae
..aber ich bretter - wie üblich - wieder volle Kniste am Thema vorbei ;-)

Ihnen und Ihrer Holden
ein zauberhaftes We gewünscht!

nömix - So, 13:48

Dass die Wikinger Amerika entdeckten, haben Sie freilich recht, liebe Kollegin – weniger bekannt ist hingegen, dass sie heute vergeblich danach suchen.
Heinrich (Gast) - Fr, 19:18

Das nehme ich Frau Kolumbus heute noch übel, dass sie sich ihrer Migräne hingegeben hat.

Herr Ösi (Gast) - Sa, 13:22

Nun, ich denke für den Kunstmaler und für den Cabrio-Fahrer wäre die eigene Geschichte mit Sicherheit anders verlaufen, wäre obiges hypothetisches eingetroffen. Für das "Volk" eher nicht. weil da ganz andere an den Stellschrauben sitzen und drehen - wie man jetzt wieder gut erkennen kann - als die uns bekannten Polit-Marionetten ...

nömix - So, 13:46

Ich glaube trotzdem, dass vordergründig marginal erscheinende Einzelereignisse den Ver­lauf der Weltgeschichte hätten gravierend beeinflussen können. Etwa der vereitelte Mord­anschlag auf den jungen Kaiser Franz Joseph zu Beginn seiner Re­gent­schaft, welche die europäische Geschichte länger als ein halbes Jahrhundert ent­schei­dend mit­prä­gen sollte: wäre ein Herr Fleischhackermeister Ettenreich damals z.B. von einem anderen Spaziergänger unterwegs aufgehalten und um Feuer für seine Zigarre er­sucht worden, dann wäre er zufällig um wenige Sekunden zu spät zuhilfe gekommen, die Ermordung des Kaisers zu verhindern. Niemand kann heute wissen, ob sich die weitere Geschichte der Donaumonarchie – und, damit unweigerlich ver­knüpft, ganz Europas – unter einem anderen (vielleicht minder starrsinnigen bzw. weit­sichtigeren) Regenten von Gottes Gnaden nicht völlig unterschiedlich entwickelt hätte.



(Womöglich könnten wir Österreicher heute noch zum Urlaub an die Adria fahren, ohne in Italien oder Slowenien extra Autobahnmaut zahlen zu müssen.)

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