Welch ein Genuss, einen solch klugen und unterhaltsamen Essay von Ihnen zu lesen, werter Kollege, und darin zitiert zu werden. Zur Kulturtechnik Handschrift wäre noch zu bedenken, dass unsere Handschrift zwar gut 1500 Jahre alt ist, aber Allgemeingut erst im 19. Jahrhundert wurde, noch nach der allgemeinen Lesefähigkeit, also erst Kulturtechnik genannt werden kann, wenn Lesen und Schreiben zusammen gekonnt werden. Um auf Ihre Beispiele aus dem Automobilsektor zu kommen: Heute gehört Autofahren sicher zu den Kulturtechniken, was nicht zu verwechseln ist mit kultiviertem Verhalten beim Autofahren. Mit der Verbreitung selbstfahrender Autos wird auch diese Kulturtechnik schwinden. Manches wird schleichend zur Kulturtechnik, wie das geschickte Hantieren mit der Blogsoftware und der kundige Gebrauch des Internets. Den Wert erkennen wir vermutlich auch erst bedauernd in der Rückschau, wenn das Internet die Informations-Kernschmelze ereilt hat.
Danke für Ihren Beifall. Der Terminus »Kulturtechnik« lässt sich im Zusammenhang mit Autofahren durchaus ironisch verstehen;) (Etwa auch, wenn manche Leute vor einer stillstehenden Rolltreppe anscheinend in spontaner Ratlosigkeit erstarren und sich diese nicht zu betreten getrauen, als wäre die Kulturtechnik des Treppensteigens in Vergessenheit geraten ..)
Umgekehrt wiederum können schleichende »Kulturtechniken« (z.B. eben Smartphone, und der kundige Gebrauch des Internets, von dem Sie schreiben) zum fortschreitenden Schwinden traditionellen Vernunftverhaltens führen, was man im Straßenverkehr ja sattsam beobachten kann: wäre es Fußgängern denn früher jemals eingefallen, scharenweise blindlings wie die Deppen gegen Autos oder Laternenmasten zu laufen, weil die (seit unsere Altvorderen von den Bäumen geklettert sind) bewährte Gepflogenheit, auf den Weg zu schauen statt auf einen Touchscreen, neuerdings aus der Mode gerät? Oder von dem brennenden Auto auf der Autobahn (weil Kollegin Falkin oben grad eins erwähnt hat) erstmal ein Video zu filmen & ins Internet zu laden, bevor man auf die Idee käme die Feuerwehr anzurufen wie das früher mal die Tradition war.
(Karl Kraus hat übrigens zufällig heute Geburtstag.)
Wenn Leute vor stillstehenden Rolltreppen stehenbleiben und die Kulturtechnik des muskelkraftgetriebenen Treppensteigens nicht zur Anwendung bringen, hat das einen anderen Grund: Wir alle haben von kleinauf gelernt, dass man auf Rolltreppen nicht läuft, springt, geht, rennt, sondern steht. Wegen der Sicherheit.
Man steht auf der Rolltreppe, und das ist so tief in die Gehirne gehämmert worden, dass es natürlich auch dann noch wirkt, wenn die Rolltreppe gar nicht fährt. Gesetze oder Verkehrsschilder gelten ja schließlich auch dann, wenn sie sinnlos, schädlich oder an der Stelle überflüssig oder gar kontraproduktiv sind.
Viele zur Ordnung erzogene Zeitgenossen erstarren angesichts des Dilemmas, auf der stillstehenden Rolltreppe stehend nicht vorwärtszukommen, auf der Rolltreppe aber selbst nicht steigen zu dürfen. Da zeigt sich, wie obrigkeitshörig die Bevölkerung dann doch noch ist...
Umgekehrt wiederum können schleichende »Kulturtechniken« (z.B. eben Smartphone, und der kundige Gebrauch des Internets, von dem Sie schreiben) zum fortschreitenden Schwinden traditionellen Vernunftverhaltens führen, was man im Straßenverkehr ja sattsam beobachten kann: wäre es Fußgängern denn früher jemals eingefallen, scharenweise blindlings wie die Deppen gegen Autos oder Laternenmasten zu laufen, weil die (seit unsere Altvorderen von den Bäumen geklettert sind) bewährte Gepflogenheit, auf den Weg zu schauen statt auf einen Touchscreen, neuerdings aus der Mode gerät? Oder von dem brennenden Auto auf der Autobahn (weil Kollegin Falkin oben grad eins erwähnt hat) erstmal ein Video zu filmen & ins Internet zu laden, bevor man auf die Idee käme die Feuerwehr anzurufen wie das früher mal die Tradition war.
(Karl Kraus hat übrigens zufällig heute Geburtstag.)
Man steht auf der Rolltreppe, und das ist so tief in die Gehirne gehämmert worden, dass es natürlich auch dann noch wirkt, wenn die Rolltreppe gar nicht fährt. Gesetze oder Verkehrsschilder gelten ja schließlich auch dann, wenn sie sinnlos, schädlich oder an der Stelle überflüssig oder gar kontraproduktiv sind.
Viele zur Ordnung erzogene Zeitgenossen erstarren angesichts des Dilemmas, auf der stillstehenden Rolltreppe stehend nicht vorwärtszukommen, auf der Rolltreppe aber selbst nicht steigen zu dürfen. Da zeigt sich, wie obrigkeitshörig die Bevölkerung dann doch noch ist...