gnaddrig (Gast) - Do, 10:54

Der Duden ist da nicht allein. Wolfgang Pfeifer fabuliert dasselbe in seinem Etymologischen Wörterbuch: Die Wendung Schwein (‘Glück’) haben (Anfang 19. Jh. aus der Studentensprache) wird auf den Brauch zurückgeführt, bei Schützenfesten dem Verlierer ein Schwein als Trostpreis zu überreichen.

Und in Grimms Wörterbuch steht das mit dem Preisschießen
auch schon:
B2c: beim rennen und wettschieszen war früher der letzte preis eine sau.
Aber bei Grimm findet sich auch der Hinweis auf das Kartenspiel:
B2e: da auf alten kartenspielen das asz eine sau zeigte, so steht sau auch für asz
und B2f: vom kartenspiel ist das wort in der studentensprache in die allgemeine bedeutung von glück übergegangen

nömix - Fr, 10:24

Mit der Fabulierung, ein im 19. Jahrhundert aufgekommener Studentenspruch wäre auf einen an­geblichen Schützenbrauch im Mittelalter zurückzuführen, widerlegen sich ja Duden, Pfeifer et al. flagrant selber. Viel naheliegender & schlüssiger scheint doch, dass in der oft manieriert »gehobenen« Studentensprache die umgangssprachliche Sau aus dem Kar­ten­spiel eben durch das Schwein ersetzt wurde.
.
Und auch in Grimms Wörterbuch findet sich dortselbst der Widerspruch:
    SAU; b) damit im zusammenhang steht der gebrauch für fehler überhaupt: wir wissen noch nicht, ob wir bestehen werden, vielleicht machen wir eine sau und kriegen gar nichts.
    d) daraus hat sich die allgemeine bedeutung entwickelt ‘eine schlappe, nie­der­lage erleiden’, [..] eine grosze sau darvon getragen.
    »so kombt jr darvon ungeschlagen und musz der herr die saw heimtragen.«
Wer »eine Sau macht« kriegt also keine Sau, sondern macht einen Fehler und kriegt gar nichts. Und der Herr, der »die Sau heimtragen« muss, trägt also keine Sau heim son­dern eine Niederlage.
.
Über die vermeintliche Sau beim Schützenfest liest man in Brants Narrenschiff weiters:
    »Von bosen schutzen.
    Der hatt gemacht gar vil der schütz, Die jm doch sint gantz wenig nütz,
    Das schafft, jm würt die suw kum wol, Wann man zů letst verschyessen soll.
    «
Dem bosen (= schlechten) Schützen nützt also sein Bemühen wenig, zuletzt wird ihm wohl die »Sau« (= Niederlage) zukommen. Daraus einen angeblichen Brauch herleiten zu wollen, beim Wettschießen kriegte der glückliche Verlierer ein Schwein als Preis ge­schenkt, erscheint gar weit hergeholt. (Dann hätten doch gewiss alle absichtlich da­ne­ben­ge­schossen, um statt dem Schießen lieber das Schwein zu gewinnen: ein Schwein, ins­be­son­dere eine Sau, war im Mit­tel­al­ter ein wertvoller Be­sitz und wurde bestimmt nicht als »Trostpreis« verschenkt, statt als Hauptpreis für den Sie­ger­schützen.)
nömix - Mo, 08:28

@ gnaddrig, Nachtrag:
Über die sogenannte »sau«, welche laut Grimms Wörterbuch angeblich »beim rennen und wett­schies­zen früher der letzte preis« gewesen wäre, findet sich in Wanders Dt. Sprich­wör­ter­lexi­kon hingegen der Eintrag:
    Die Sau haben. (Altbaiern.)
    Von jemand, der, weil er zu spät kommt, das Beste versäumt und das Schlech­tes­te er­hält. Es ist nämlich in Altbaiern Sitte, dass bei Hochzeiten [..] ein Wettlauf [..] ver­an­staltet wird, wobei verschiedene Ziele gesteckt werden und für jedes derselben ein Preis bestimmt wird. Von dem letzten Läufer heisst es: »Er hat die Sau«, und er wird demzufolge mit Schweineschweifchen verziert.
Der Verlierer kriegte also keine Sau als Spottpreis, sondern wurde symbolisch »zur Sau ge­macht«, indem er mit Schweineschwänzlein geschmückt wurde.
(Das also war des Schweines Kern Da also liegt die Sau begraben ;)

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