Da haben Sie freilich recht, wie der Duden von 1880 lehrt:
In einer Urteilsbegründung der Stiftung Buchkunst von 2012 heißt es indessen:
»Eine Marginalie für die Dogmatiker unter den Schriftsetzern: Der Verzicht auf das lange Binnen-S [ſ] der gebrochenen Schriften [Fraktur u.a.] ist für unsere heutigen Lesegewohnheiten kein Fehler.«
Was für "heutige Lesegewohnheiten" kann denn die Stiftung Buchkunst gemeint haben? Heute wird doch - außer Kalendersprüchen und nationalchauvinistischen Parolen - praktisch nichts mehr in Fraktur gesetzt. Da gibt es einfach nicht genug Text, an dem sich irgendwelche Lesegewohnheiten herausbilden könnten.
Lesegewohnheiten können sich daher doch nur auf alte, damals (hoffentlich korrekt) in Fraktur gesetzte Texte oder auf in Antiqua gesetzte Texte beziehen. Bei letzteren war das lange s wohl höchstens eine Jugendstilmode, bei ersteren gilt die im oben zitierten Passus implizierte Regel für den Gebrauch des langen s.
Ich vermute mal, dass die Stiftung die eigentliche Aussage (mutmaßlich: "Heute weiß eh keiner mehr wie's mal richtig war, ist darum auch wurscht, schreibt doch wie ihr wollt.") etwas vornehmer formuliert hat, um nicht ganz so bräsig zu klingen.
Letztlich ist es auch egal, aber ich stolpere jedesmal über solche falsch gesetzten runden oder langen s und musste darum mal klugscheißen. Nichts für ungut.
Über falsch gesetzte lange s, etwa in alterthümelnd-manierierter Verwendung gebrochener Schriften auf zeitgenössischen Werbeschildern, und die Verwechselbarkeit des langen ſ mit kleinem f in Frakturtexten selbst für Lesekundige wurde auch hieramts schon mal konversiert.
(Aussage der Stiftung Buchkunst, so zitiert aus Wikipedia.)
Ist ja auch ein schönes Thema, wo man den inneren SchweinehundBildungsbürger so richtig schön raushängen lassen kann - wir, die wir noch Fraktur von Schwabacher unterscheiden und beides lesen können ;)
Geld macht die Musik,
in dem Fall in der Politik.