Laut einer aktuellen Studie

»Höret, was Erfahrung spricht: Hier ist’s so wie anderswo.
Nichts Genaues weiß man nicht, dieses aber ebenso.«
(Otto Grünmandl)

Transparency International (TI) hat für den Korruptionswahrnehmungsindex 2010* mehr als 91.000 Menschen in 86 Ländern und Regionen befragt:

»Weltweit gab in einer TI-Umfrage jeder Vierte an, selbst Schmiergelder zu zahlen.
In Deutschland waren es nur zwei Prozent.«
Und wieviel warens in Österreich?
    »In Österreich gaben neun Prozent der Befragten an, im vergangenen Jahr
    Schmiergeld gezahlt zu haben.«
    »Neun Prozent der Österreicher zahlten 2009 Bestechungsgelder«
    »Im Vorjahr haben neun Prozent der Österreicher Schmiergelder gezahlt.«
.. verkünden die österreichischen Medien unisono, ausgenommen ORF und KURIER, wo mans offenbar besser weiß:
    »Weltweit schmiert jeder Vierte, in Österreich jeder Zehnte.«
    KURIER | ORF
Fünfmal soviel wie in Deutschland. Das müsste eigentlich überraschen, weil nämlich Deutsch­land und Österreich in der betreffenden TI-Studie ex aequo auf dem gleichen Rang gelis­tet sind, was die Schmier­geldhäufigkeit anbelangt:


Da kann ja wohl irgendwas nicht stimmen, wundert sich der Laie. Entweder mit der Ur­sprungs­mel­dung, welche alle artig im Gleichlaut wiedergeben, ohne viel drüber nach­zu­den­ken – oder mit der Studie per se.
Näheres – nicht minder befremdliches – über das Zustandekommen der Studie erfährt man aus der Tiroler Tageszeitung, dort erläutert der Vizepräsident von TI-Austria:

»[..] dass jene neun Prozent, die im Vorjahr mit Korruption zu tun hatten, kumu­liert berechnet wurden – das bedeutet, wer mehr als einmal Schmiergeld gezahlt hat, wurde auch mehrmals gezählt.«

Wie jetzt, kumuliert? Wenn die elf Leute befragen, wie oft sie ihre Frau voriges Jahr verprügelt haben, und zehn davon antworten: niemals, nur einer sagt: zehnmal – dann rechnen die als Er­geb­nis aus: »50 Prozent der Befragten gaben an, im Vorjahr ihre Frau verprügelt zu haben«? Oder wie?

Der zitierte TI-Austria-Vize »geht davon aus, dass gut vier Prozent der Österreicher im Vor­jahr einmal mit Korruption in Berührung kamen.«
Nur zwei Prozent, gut vier Prozent, neun Prozent, jeder Zehnte – noch mehr Zahlen gefällig? Bittesehr:

»In Deutschland gaben weniger als sechs Prozent der Befragten eine Bestechung zu.«
Zeitunglesen macht nicht immer schlauer.
steppenhund - Sa, 16:29

Bei dieser Schmiergeldstatistik bin ich komplett verloren. Zwar glaube ich, dass viel geschmiert wird und ich kenne auch einige Stellen, wo es ohne nicht geht, doch ist es nicht so einfach, überhaupt mit Schmiergeldzahlung etwas zu erreichen. Ich glaube behaupten zu können, dass in unserer Firma niemand schmiert. Und von meinen Bekannten auch niemand.
Dass die Zahlen durch Mehrfachzählung verfälscht wird, erklärt zwar einiges, allerdings ist die Erklärung des Vizepräsidenten von TI-Austria so etwas von blödsinnig, dass man sich fragen muss, wo der Blödsinn kulminiert. In der Berechnungsmethode selbst, im Unverständnis der Chefs, die die Anwendung zulassen, oder die Debilität eines Vizepräsidenten, der so einen Blödsinn verzapfen kann.
Außerdem möchte ich dann eine Korrelation sehen, wieviele Prozent Steuern hinterziehen und wieviele Leute Schmiergeldzahlungen verfolgen, die im Prinzip ebenfalls immer (als Nebendelikt) eine Steuerhinterziehung bedeuten.
Im übrigen würde bei der Zählmethode 0% herauskommen. Denn alleine ich habe unendlich oft NICHT Schmiergeld bezahlt. Wenn ich alle kumulierten Schmiergeldzahlungen anlassmäßig zusammen zähle, komme ich also auf ungefähr 640 000 Schmiergeldzahlungen. (8 Millionen mal 8%) Es gibt aber 7360000 mal unendlich viele Zahlungsvorgänge ohne Schmiergeld. Ergibt als Quotient mal 100 so ca. null Prozent.
-
Nach der oben angeführten Rechnung untersuche ich allerdings einen Apfel, in dem 3 Würmer sind und behaupte, dass 300% der betrachteten Äfel (1 Apfel) verwurmt sind.
300 % aller Äpfel haben einen Wurm.
Und 2000% aller Mitarbeiter von TI-Austria haben einen Pecker!

Mimiotschka - So, 08:25

Ich muss gestehen, lieber nömix, dass ich über solche Studien kaum mehr lese. Jedenfalls tue ich das nicht in der Presse. Ich habe von besagter Studie im Fahrgastfernsehen erfahren und konnte nur müde lächeln. Korruption ist ein ernstes Thema, keine Frage. Aber sie wird weder durch Zahlenakrobatik noch durch stümperhafte Berichterstattung verhindert. Es wäre viel interessanter zu erfahren, warum es überhaupt Korruption gibt, wer zahlt und wer davon profitiert. Gewisse Bevölkerungsgruppen bekommen vermutlich eher selten Geld o.ä. für "besondere Leistungen".

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