Heute vor 155 Jahren fand die feierliche Grundsteinlegung für den Bau der Wiener Staatsoper (vormals k.k. Hof-Operntheater) statt, obwohl
die Bauarbeiten bereits zwei Jahre zuvor begonnen hatten. Die Bauzeit dauerte bis 1869. Errichtet wurde sie nach den Plänen der beiden Architekten August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll im Wiener Ringstraßenstil, einer besonderen Ausprägung des Historismus.
Zeitgleich wurde auf der gegenüberliegenden Straßenseite
der Heinrichshof erbaut, ein privates Zinshaus riesigen Ausmaßes nach den Plänen ihres Konkurrenten Theophil Hansen, welches indes schon nach zwei Jahren fertiggestellt war und nun die Monumentalität des entstehenden Opern-Prachtbaus überschatten sollte, was zu Enttäuschung in der Wiener Öffentlichkeit und einer garstigen Pressekampagne gegen die beiden Architekten führte.
Wie es sich für echte Wiener gehört, raunzten die bereits über das neue Opernhaus, bevor es überhaupt fertig war. Ein überliefertes Spottgedicht von damals lautete:
»Sicardsburg und van der Nüll
haben beide keinen Stül:
Gotik, Klassik, Renaissanz
das ist denen alles ans.«
Hinzu kam, dass das Ringstraßenniveau um das Bauwerk erst nach bereits erfolgtem Baubeginn nachträglich um einen Meter angehoben wurde, sodaß dieses als “versunkene Kiste“ und als “Königgrätz der Baukunst“ heftig kritisiert wurde.
Van der Nüll nahm sich die bissige Häme so zu Herzen, dass er sich ein Jahr vor der Fertigstellung der Bauarbeiten erhängte. Sicardsburg starb nur wenige Wochen nach dem Selbstmord seines lebenslangen Freundes und Partners (heute würde man wohl sagen “Lebensmensch“) an gebrochenem Herzen, was bestimmt mit dem Verlust und der erlittenen Kränkung zusammenhing, sodass beide Architekten die Eröffnung des “Ersten Hauses am Ring“, mit einer glanzvollen Premiere von Mozarts Don Giovanni, nimmer erlebten.
Später wurde in Wien nach den Herren Sicardsburg und van der Nüll je eine Gasse benannt, wobei der Name Siccardsburg aber falsch geschrieben wurde.