9. März

Heute vor 158 Jahren wurde Peter Altenberg (1859-1919) geboren, legendäres Parade­ex­em­p­lar des typischen Wiener Kaffeehausliteraten und Schnorrers.
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Altenberg verbrachte den größten Teil seines Lebens im Kaffeehaus, und wenn er einmal nicht im Kaffee­haus war, so hieß es, dann sei er grad auf dem Weg dorthin. Auf seiner Visitenkarte gab er als Adresse das Café Cen­tral an, auch seine Post ließ er sich dort hinschicken.
Schon sein Lehrer nannte den späteren Meister der lite­rarischen Skizze & fragmentarischen Kurzprosa ein »Genie ohne Fähigkeiten« – wie behauptet, sei er bei der Matura deswegen durchgefallen, weil er als Aufsatz über das Thema »Der Einfluss der Neuen Welt (Amerika) auf die Alte« nur ein einziges Wort hingeschrieben hatte: »Kartoffeln.«
Altenberg trat zeitlebens als vorgeblich mittelloser Schnor­rer auf, der sich von Kollegen und Gönnern finanziell aushalten ließ. (Um seine Mittellosigkeit zu illustrieren, lief er grundsätzlich in Holzsandalen ohne Socken herum, selbst wenn er als Theaterkriti­ker Vor­stellungen besuchte.) Einmal schrieb er an seinen Bruder ein Telegramm: »Bitte schicke mir 100 Kronen, habe mein ganzes Geld zur Sparkassa getragen und starre nun dem Hungertod entgegen.« Oder, als er seinen Freund Karl Kraus einmal um 10 Kronen an­schnorrte, dieser aber bedauerte nicht so­viel da­bei­zu­haben, da bot ihm Altenberg an: »Ich borg’s dir inzwischen, damit du mirs schnorren kannst.«
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Als nach Altenbergs Tod sein Testament bekannt wurde, stellte sich zum nicht gerin­gen Erstaunen heraus, dass der angeblich zeitlebens Mittellose auf diese Weise ein durchaus statt­liches Vermögen von über 100.000 Kronen auf der Sparkassa angehäuft hatte. Dieses hinterließ er zur Gänze wohltätigen Einrichtungen.
krassNICK - Mo, 15:25

Der Altenberg! Ein großer Schnorrer,
das trifft freilich zu, des wor er.
Doch sagte man auch über ihn:
er sei der "Sokrates von Wien".
(So wurd' er seinerzeit genannt.
Warum, ist heut' nicht mehr bekannt.)

Trithemius - Mo, 19:36

Dass Altenberg (eigentl. Richard Engländer) sich als Schnorrer stilisierte, bestätigt auch diese Anekdote:

Am Literaturstammtisch sprach man über Herrenmode. "Ich weiß nicht", sagte Peter Altenberg, "mein Schneider sagt immer, für mich sei schwer zu arbeiten." "Schwer? Warum?" "Ich zahl nicht." (aus Peter Köhler (Hrsg): Donnerwetter! Da hab' ich mich umsonst besoffen - Dichteranekdoten, Stuttgart 2004)

Peter Altenbergs Outfit lässt vermuten, dass sein Schneider in Streik getreten ist.

nömix - Mo, 11:34

Altenberg behauptete sogar, sich seinen Künstlernamen eben deswegen zugelegt zu haben, da er nicht mit den »verkommenen, idiotischen Engländern« in Ver­bindung gebracht werden wollte: weil diese angeblich so großen Wert auf nobles & modisches Auftreten legten, was er als Bohemien und praktizierender Nonkon­formist verachtete. Einmal schenkte ihm sein Freund Adolf Loos einen Anzug, doch Altenberg dankte ihm mitnichten, sondern warf ihm stattdessen in bitter­bösen Worten vor, ihn durch das Geschenk »auf tyrannische Weise« zu einem »Mode-Gigerl« [= Gockel, Geck, Dandy] umerziehen zu wollen.
boomerang - Do, 09:38

Danke für diese wunderbare Skizze eines großen Meisters.

datja - Di, 18:22

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