20. Mai

Heute vor 155 Jahren fand die feierliche Grundsteinlegung für den Bau der Wiener Staatsoper (vormals k.k. Hof-Operntheater) statt, obwohl die Bauarbeiten bereits zwei Jahre zuvor be­gon­nen hatten. Die Bauzeit dauerte bis 1869. Errichtet wurde sie nach den Plänen der beiden Architekten August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll im Wiener Ring­stra­ßen­stil, einer besonderen Ausprägung des Historismus.
Zeitgleich wurde auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Heinrichshof erbaut, ein pri­va­tes Zinshaus riesigen Ausmaßes nach den Plänen ihres Konkurrenten Theophil Hansen, wel­ches indes schon nach zwei Jahren fertiggestellt war und nun die Monumentalität des ent­ste­hen­den Opern-Prachtbaus überschatten sollte, was zu Enttäuschung in der Wiener Öffent­lich­keit und einer garstigen Pressekampagne gegen die beiden Architekten führte.
Wie es sich für echte Wiener gehört, raunzten die bereits über das neue Opernhaus, bevor es überhaupt fertig war. Ein überliefertes Spottgedicht von damals lautete:
    »Sicardsburg und van der Nüll
    haben beide keinen Stül:
    Gotik, Klassik, Renaissanz
    das ist denen alles ans.«
Hinzu kam, dass das Ringstraßenniveau um das Bauwerk erst nach bereits erfolgtem Bau­be­ginn nachträglich um einen Meter angehoben wurde, sodaß dieses als “versunkene Kiste“ und als “Königgrätz der Baukunst“ heftig kritisiert wurde.
Van der Nüll nahm sich die bissige Häme so zu Herzen, dass er sich ein Jahr vor der Fer­tig­stellung der Bauarbeiten erhängte. Sicardsburg starb nur wenige Wochen nach dem Selbst­mord seines lebenslangen Freundes und Partners (heute würde man wohl sagen “Lebens­mensch“) an gebrochenem Herzen, was bestimmt mit dem Verlust und der erlittenen Krän­kung zu­sam­men­hing, sodass beide Architekten die Eröffnung des “Ersten Hauses am Ring“, mit einer glanzvollen Premiere von Mozarts Don Giovanni, nimmer erlebten.
Später wurde in Wien nach den Herren Sicardsburg und van der Nüll je eine Gasse be­nannt, wobei der Name Siccardsburg aber falsch geschrieben wurde.
Lo - Mo, 22:10

Gestern buchte ich für meine Lieblingsfrau und mich eine Reise nach Wien (erstmalig).
Heute morgen studierte ich einen Wien-Reiseführer und las genau dieses (ebenfalls zum ersten Male...) über das Schicksal der beiden Architekten.
Und nun finde ich diese Geschichte hier wieder.
Erstaunlich.

Bubi40 - Di, 09:28

mit der Wiener Staatsoper verbinde ich eine meiner schönsten erinnerungen. anfang januar 1989 durfte ich das erste mal anlässlich des 50. meiner schwester aus der ddr in den westen fahren. meine schwester hatte mir eine karte für die Salome geschenkt. ich befand mich während und nach der vorstellung auf höheren ebenen, etwa um den 8. - 9. himmel ... das erste mal nach 28 jahren im westen und dann noch einen solchen kunstgenuss, von dem ich vorher nicht einmal hätte träumen können.
in der folge war ich dann jeden abend gast in der stehplatzgalerie, wo ich mich unter absoluten kennern befand, und es nicht ausblieb, dass die lebhaftesten gespräche und diskussionen sich entspannten, als sich herausstellte, dass ich aus Ostberlin kam, wo Walter Felsenstein, Harry Kupfer und Götz Friedrich an den drei Berliner Opernhäusern wirkten, um die ich beneidet wurde, während ich entzückt war von den exzellenten Sängern in Wien, die ich nur aus dem rundfunk und von schallplattenaufnahmen kannte. so lernte ich auch das "Santo Spirito" kennen, wo dann auch noch bei musik von schwarzen scheiben, die der wirt persönlich und mit größter grandezza auflegte, und einem "Viertel" weiter geklönt wurde ... es war eine himmlische zeit.
danke für den "erinnerungsanstoß".
über die architektur wage ich mich nicht zu äußern, aber wenn ich mir vorstelle, dass das gabäude eigentlich einen meter "eingegraben" wurde, werden die proportionen doch erklärt, die treppenrudimente der frontseite wären dann richtig tereppen, und der bau würde nicht so behäbig am boden kauern ... glaube ich.
danke also auch für diese erhellende information.

krassNICK - Mi, 07:45

"Der Wiener raunzt und matschkert gern des Abends in der Schenke.
Das fördert die Verdauungskraft und würzet die Getränke."

(nach Heinrich Heine)

speedhiking - Mi, 09:43

Sehr schönes Gedichterl. Das werde ich auswendiglernen für die nächste Gelegenheit, wo ich den Historismus erklären soll.

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