In tunlichster Bälde

Die Grenze zwischen Sprachkreativität und Sprachkretinösität verläuft mitunter fließend, die krampfbemühte Verhyperlativierung wehrloser Adverbien ist so ein Fall.

Kollege U. greift in einem Beitrag die grausliche Adverbialkreatur “baldmöglichst“ auf. Was “möglichst bald, so bald wie möglich“ heißt, versteht ja vielleicht nicht gleich jeder – schau mer mal, ob sich das nicht bissel aufpimpen (= tieferlegen) lässt, damit’s auch der se­man­ti­sche Laie kapiert:

Wenn baldmöglichst nimmer bald genug ist, muss es baldestmöglich sein,
und wer’s noch bälder haben will, der nehme baldigstmöglich.
Am bäldesten ist wohl baldigstmöglichst.
(da pressiert’s einem offensichtlichst wirklichst akut. Akutigst quasi.)

Im Amtsösterreichischen ist der Ausdruck ehebaldigst durchaus populär – hört sich zwar in der geläufigen Form eh schon grauslichst genug an (flagranter Fall von Amts­oh­ren­be­lei­di­gung), geht aber noch baldiger, nämlich ehestbaldig.
Am baldigsten heißt folgerichtigst: ehestbaldigst.

Baldissimo! Einzigstartigste Pretiosen, die den Sprachschatz bereichern.
Etosha - Mi, 06:38

Allerdingst! Gerade wenn's um die Zeit geht, muss der Hyperlativst benutzt werden! Denn Zeit ist Geld! Gellst?

Auch die Steigerungsform 'so bald als möglich' ist sehr beliebt. Nein, das ist kein einfacher Komparativ; ich hege die Vermutung, dass es sich um eine subtile, treibende Kraft handelt, die vordergründig 'so bald wie möglich' meint, aber hintergründig mit einem 'als' Druck macht, ohne dass jemand sagen könnte 'Du drängst mich!'.
Optimalst, oder? ;)

nömix - Mi, 06:53

Akkuratigst! Semantisch äußerst spitzfindigst, meine Sehrstverehrteste :)
l9 (Gast) - Mi, 09:20

Grauslich ist aber auch ein schönes Wort.
Je länger ich in Deutschland wohne, desto mehr bekomme ich so ein Gefühl für Texte, die von Österreichern geschrieben wurden. Ich mag das sehr.

steppenhund - Mi, 09:24

Auch eine Ausprägung eines neuen Deutschstils, der ungefähr in den Siebzigerjahren begonnen hat. Die Geburtsstunde würde ich mit dem ersten Auftreten des Satzes: "dem ist nicht so." datieren.
Die willentliche Entstellung von Beugeformen und Fällen galt als Zeichen der Ironie, mit der wir uns über alles lustig machten.
Heute finden sich dann die Selbstverständlichkeiten in Sprachschöpfungen wie: "Da bin ich ganz bei Ihnen." was doch viel poetischer klingt als "Ich stimme Ihnen zu." Dass mir beim Anhören jedesmal ein Brechreiz hochkommt, vergleiche ich mit der Übelkeit der frühschwangeren Frauen. Wenn etwas Neues geboren werden soll, "muss man da durch".
Ich bin gewillt, diese Schnörkelisierung als Gegenbewegung der "gebildeten" Schicht zu akzeptieren, welche ihre eigene Dialektform gefunden hat.
Die Salonfähigkeit des "Hearst, Oida, loß mi ang'lahnt!", welche die Lebendigkeit der deutschen Sprache im heimischen Fernsehen untermauert, bildet den Gewicht ausgleichenden Gegenpol.

"Hearst, Oida, reib ma ehebaldigst die Marie uma!"

testsiegerin - Do, 08:15

das macht sinn, was sie da sagen, kollege steppenhund ;-)
herold - Do, 10:56

liebe kollegen!
es ist immer wieder traurig zu lesen, wie hieramts die behördensprache verleumdet wird. glaublich wirken auf den einfachen bürger bescheide, niederschriften, rechtsmittel etc. oftmals verkompliziert, den sprachkundigen mutet das kanzleideutsch jedoch allenfalls poetisch an.

zardoz (Gast) - Fr, 18:09

Nun gut - ich werde Sie in baldiger Bälde zu meiner Blogroll hinzufügen...

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