30 Tage um die Welt

In 30 Tagen um die Welt, 40. Tag

  ..  von Zwettl nach Bukarest

Wieder mit einer Fuhre Erdäpfel unterwegs, aus dem Waldviertel nach Bukarest. Rumänische Erdäpfel sind für gewöhnlich relativ klein, naturbelassen, mit dicker schrumpeliger Schale und gutem Geschmack. Die Waldviertler Erdäpfel: riesengroß, mit chemischem Dünger & Pes­ti­zi­den künstlich hochgezüchtet, hauchdünne Schale, wenig Nährstoffe, so gut wie ge­schmack­los. Kaum viel mehr als aufgepuschte Zellulose & Wasser. Und wesentlich teurer. Aber: we­ni­ger Arbeit beim Schälen, und deshalb kaufen sie die Rumänen lieber, wie mir der Groß­händler erklärt.
Der Gemüsegroßmarkt in Bukarest ist ein großer staubiger Platz, bevölkert von zahllosen streu­nenden Hunden, die Erdäpfel werden palettenweise direkt vom Lkw runter verkauft. Der­weil ich nebenan in der Marktkantine frühstücke, danach ein Schläfchen, nach kaum zwei Stunden ist der Lkw entladen. 25 Tonnen Erdäpfel aus Zwettl auf dem Weg in rumänische Koch­töpfe.
(Retourladung gibts diesmal keine, Leerfahrt zurück. Montag gehts wieder runter, gleiche Tour nochmal.)

In 30 Tagen um die Welt, 39. Tag


.. von Südamerika nach Hawaii

Das giftigste landbewohnende Amphibium, wenn nicht das giftigste Tier überhaupt, ist der südamerikanische Schreckliche Pfeilgiftfrosch.

Der heißt wirklich so. Bereits vor der Erfindung von Pfeil & Bogen verwendeten die in­di­ani­schen Ureinwohner Pfeilgiftfrösche als tödliche Waffen, indem sie ihre Feinde damit bewarfen oder sie ihnen heimlich ins Müesli mischten.
Außer in Südamerika gibts noch eine weitere, allochthone (= ursprünglich dort nicht be­hei­ma­tete) Population von Pfeilgiftfröschen auf Hawaii. Weils auf der Südseeinsel vorher keine gab, wurden die hochgiftigen Frösche Anfang des 20. Jahrhunderts von Menschenhand künstlich dort angesiedelt, was natürlich eine mords schlaue Idee war. Mittlerweile haben die alloch­tho­nen Giftlurche in ihrer neuen Heimat zahlreiche heimische Arten verdrängt, von daher stammt die hawaiianische Redensart »Lurch Schaden wird man klug.«

In 30 Tagen um die Welt, 38. Tag

  ..  von Odessa nach Purkersdorf

Was importieren die Bayern aus Ägypten? Ratet mal. Das gleiche was die Österreicher in die Ukraine exportieren. So läuft das mit der Globalisierung. Letzte Woche, zum Beispiel:

Eine Ladung Erdäpfel kommt aus Ägypten per Schiff übers Mittelmeer nach Ancona an der Adria, dort krieg ich sie auf den Lkw umgeladen. Mit 25 Tonnen ägyptischer Erdäpfel gehts über den Brenner zum Großmarkt München. Klar wachsen auch in Deutschland genug Erd­äpfel, aber in Ägypten sind sie billiger.
Tags darauf im Innviertel/Oberösterreich: eine Ladung für Odessa, Ukraine. Nämlich 25 Tonnen Erdäpfel. Mit den Innviertler Erdäpfeln gehts ans Schwarze Meer – bizarr, nichtwahr. Klar wachsen auch in der Ukraine genug Erdäpfel, aber in Österreich sind sie billiger.
(Retourladung in Galaţi, Rumänien: eine Ladung Eichenrundholz nach Purkersdorf im Wie­nerwald. Klar wachsen auch im Wienerwald genug Eichen, aber so läuft das halt.)
Warum die ägyptischen Erdäpfel nicht in Odessa an Land gehen, die Innviertler Erdäpfel nicht einfach nach Bayern rüber geworfen und die Eichen nicht gleich im Wienerwald vor der Haustür gefällt werden, hat alles seine Logik. Und Logistik.
Rumänische Eiche

Rumänien: der kleine Gigerer (Pfeil) muss die Stämme aus dem Wald ziehen, dann werden sie nach Österreich geschafft. Was für die Lkw-Verladung zu lang ist, wird abgeschnitten.

In 30 Tagen um die Welt, 37. Tag

  ..  von Monfalcone nach Bremerhaven

In Monfalcone für Bremerhaven geladen, Dispo sagt mir Entladeadresse am Handy durch, als ich mit den Italienern grad Kaffee trinke, ich höre:
    Disponent: “Senator Porcella-Straße.“
    Ich: “Porcella, wie sichs anhört?“
    Dispo: “Mit doppel T.“
    (doppel T?) Ich: “Mit doppel L, Senator Porcella?“
    Dispo: “Doppel L, ja. Wie sichs anhört.“
Und die Italiener, die mir beim Telefonieren zuhören, amüsieren sich drüber. Porcella ist italienisch und heißt Schweinchen, zugleich ein derber Ausdruck für das weibliche Genital. Senator Porcella, was für alberner Name. Wieso nennen die in Bremerhaven eine Straße nach so jemand.

(Besagte Straße schreibt sich tatsächlich mit doppel T, wie sich herausstellte, nämlich Se­na­tor-Borttscheller-Straße. Liest sich freilich nicht halb so albern wie sichs anhört. *)

*) (apropos albern, deutscher Kollege fragt mich in Wien mal: wie er nach “Dämlicher Hafen“ komme?) (der meinte den Alberner Hafen :)

In 30 Tagen um die Welt, 36. Tag


.. von Amsterdam nach Zandvoort

Im Amsterdamer Hafen gibts ein schwimmendes chinesisches Restau­rant, mit drei Stockwerken. In allen drei Stockwerken wird das gleiche Essen serviert, gleiche Speisen, gleiche Portionen, in der gleichen Küche zubereitet. Aber:  im ersten Stock kostet es das doppelte wie im Erdgeschoß, im zweiten Stock das dreifache. Warum das so ist, weiß man nicht. Es lässt sich beobachten, dass im Erdgeschoß kaum Gäste essen, auch im ersten Stock nur relativ wenig. Dafür herrscht im obersten Stockwerk, wo das Essen dreimal so teuer ist, stets dichtes Gedränge, Tische nur nach Reservierung.
Merkwürdige Leute, die Chinesen.

Amsterdam, “Venedig des Nordens“ – die berühmten Kanäle, die das Amsterdamer Stadtbild prägen, sind äußerst malerisch. Und unpraktisch. Durchschnittlich fällt jede Woche min­de­stens ein Auto in einen Kanal. (die Amsterdamer Kanäle, heißt es, sind: “durch­schnittlich 3 Meter tief: 1½ Meter Autos und 1½ Meter Wasser.“)
In den 60er-Jahren ging man daran, zahlreiche Kanäle mit Sand zuzuschütten. Zufällig gabs in Zandvoort grad eine Düne günstig im Sonderangebot, die kauften die Amsterdamer den Zandvoortern ab. Um den Zandvoorter Dünensand, den sie in ihre Kanäle kippten, nach Amsterdam zu schippern, gruben sie einen 30 Kilometer langen – erraten: Kanal.

In 30 Tagen um die Welt, 35. Tag


..   Amsterdam (II)

Amsterdam liegt in einem Moorgebiet, die Häuser wurden auf Holzpfählen erbaut, welche mit der Zeit im Moor versinken. Deshalb stehen alle Häuser schief.

Sollte man meinen. Tatsächlich standen die allermeisten Häuser noch nie gerade, sondern wurden von vornherein schief gebaut, mit Absicht. Das kam so: der erste Amsterdamer baute sein Haus mit nach außen vornüberkragenden Fassaden. So konnte er bei Regenwetter außen rund ums Haus laufen, ohne nass zu werden. Der zweite fand das für eine tolle Idee und machte es dem ersten nach, undsoweiter. Jeder neue Bauherr richtete seine Fassade per Augenmaß nach der seines Nachbarn aus. Eines Tages kam ein Schlaumeister mit einer Wasserwaage daher und baute das erste gerade Haus in Amsterdam. Mit dem optischen Effekt, dass es als einziges geradestehendes Haus in dem durchgehend windschiefen En­sem­ble völlig schräg aussah – als würde es nach hinten kippen. Dennoch setzte sich der neue Bau­trend durch und die Amsterdamer gingen nunmehr dazu über, allenthalben gerade Häuser zu bauen. Welche alsbald wieder schief standen, weil sie ja im Moorboden einsanken, siehe oben.

Fenster und Türstöcke gehen in dem sich verziehenden Mauerwerk ständig aus den Fugen und müssen nach Naturmaß neu eingepasst werden, für Zimmerer und Tischler ist Am­ster­dam eine einzige Herausforderung.

Das einzige, was in Amsterdam zuverlässig gerade steht, ist der Wasserspiegel:

(morgen: Wie die Amsterdamer den Zandvoortern eine Düne abkauften.)

In 30 Tagen um die Welt, 34. Tag


..   Amsterdam

In Peking, so weiß die Statistik, gibt es neun Millionen Fahrräder. Und fünf­zehneinhalb Millionen Einwohner. Dagegen hat es in Amsterdam nur knapp eine dreiviertel Million Einwohner, aber reichlich über eine Million Fahr­räder.

Die statistische Fahrraddichte in Amsterdam ist somit mehr als doppelt so hoch wie in Peking. Es gibt eigene Parkhäuser für Fahrräder. Fahrräder heißen auf niederländisch Fietsen. Ko­mi­sches Wort.

Am Amsterdamer Bahnhof gibt es drei Warteräume: Erste Klasse, Zweite Klasse, und einen für den König. Falls der König mal mit dem Zug fahren will und zu früh dran ist.

Die Amsterdamer haben bekanntlich keine Vorhänge: man wundert sich über die zahllosen an­einandergereihten Auslagen von Einrichtungsfachgeschäften in allen Gassen – bis man da­hin­terkommt, dass es sich um lauter private Wohnzimmer handelt, in die man blickt. Sollte man den­noch an einem Fenster einen Vorhang entdecken, dann ist der womöglich nur auf­ge­malt.

In den Grachten (Kanälen) gilt ein rigoroses Tempolimit für Boote, was von der Amsterdamer Wasserpolizei mit Radarpistolen unerbittlich überwacht wird.

niet-te-stoppen

In 30 Tagen um die Welt, 33. Tag

..  Deutschland, der Verkehr

»Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um recht zu haben. Rücksicht nehmen? um die entscheidende Spur nachgeben? auf­lockern? nett sein, weil das praktischer ist?... nichts davon. Mit einer Stur­heit, die geradezu von einem Kasernenhof importiert erscheint, fährt Wagen gegen Wagen, weil er das “Vorfahrtrecht“ hat – sie haben ja alle so recht! Denn Ordnung muss sein, und anders können sie sich Ordnung nicht vor­stellen – wo ich fahre, da fahre ich! – ums Verrecken bremst er nicht.
Es ist keine Ordnung. Es ist organisierte Rüpelei.«

schrieb Kurt Tucholsky, im Jahre 1929.
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(K. Tucholsky, “Der Verkehr“).

In 30 Tagen um die Welt, 32. Tag

.. die Steinerne Bibel von Schöngrabern
    In Schöngrabern im nördlichen Weinviertel (Niederösterreich) fin­det sich ein höchst ungewöhnlicher Solitär mittelalterlicher sak­raler Kunst am Bau, die sogenannte Steinerne Bibel an der Apsis der ro­ma­ni­schen Pfarrkirche aus dem frühen 13. Jhdt.
Über Sinn oder Bedeutung der Figurendarstellungen auf den Reliefsimsen herrscht unter Fachleuten Uneinigkeit, offenkundig handelt es sich um Illustrationen zum Alten und Neuen Testament. Manche deuten sie als »biblia paupera«, als Armenbibel für alle, die keine Bibel daheim haben oder nicht lesen können: denen sollen die Bibeltexte auf dem Wege bildlicher Darstellung vermittelt werden, quasi die Heilige Schrift als 3D-Comix. (schwer nach­voll­zieh­bare Theorie: was, bitte, sollte ein mittelalterlicher Analphabet aus den Bildern heraus­lesen, wenn er die Originalstory nicht kennt. Wenn es bis heute nichtmal den Fachleuten gelingen will, die Darstellungen schlüssig zu interpretieren.)
Die Spekulationen über die Bedeutung der Schöngrabener Reliefs gehen weiter.

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(Mitte: »Kasperl & Pezi hauen das Krokodil«).

In 30 Tagen um die Welt, 31. Tag


..  Afrika

Die Bedeutung der Rolle Afrikas in der Weltgeschichte darf nicht un­ter­schätzt werden, erstens stammt der Homo sapiens aus der Gegend, was schon mal nicht unerheblich ist. Zweitens, wäre Afrika nicht auf dem See­weg nach Indien im Weg gewesen, dann wäre ein Kolumbus gar nicht auf die Idee gekommen, nach Westen loszusegeln, und Amerika wäre wo­mög­lich bis heute nicht entdeckt. Ohne den schwarzen Kontinent, die Wiege des Homo sapiens, hätte es genaugenommen überhaupt keinen Kolumbus gegeben, weil der war ja auch einer. Alles Ansichtssache, wie man sieht.
(apropos Ansichtssache: Europäer definieren ein Zebra gemeinhin als weißes Tier mit schwar­zen Streifen. Afrikaner dagegen als schwarzes Tier mit weißen Streifen. So erzählt der große Stephen Jay Gould.)
(Warum die Nashörner in Afrika nicht fliegen können, lässt T. C. Boyle in seinem Roman »Wassermusik« einen afrikanischen Halbwüchsigen erklären:  weil die so riesige Haufen machen. Würde nun ein Nashorn im Flug so einen riesen Haufen einem Menschen auf den Kopf fallen lassen, würde der das bestimmt nicht so toll finden. Und darum hat’s der Herrgott so eingerichtet, dass sie nicht fliegen können. Aus logischem Grund also.)

Der Amtsweg ist das Ziel.

Parteienverkehr

Da bin ich bei...
Stimmenkartei (Gast) - Sa, 15:04
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